Warum eine Immobilie und Patronatserklärung nicht zwingend eine Sicherheit darstellt
Firmenkredite | Unternehmensfinanzierung
Das Thema „Sicherheiten“ bei der Unternehmensfinanzierung nimmt einen erheblichen Teil des Risikomanagements ein, was auch jeder Unternehmer bei der Beantragung von Firmenkrediten weiß.
Jedoch kommt es immer wieder vor, dass genau die Beurteilung solcher Sicherheiten völlig falsch bewertet werden und somit eine Finanzierung scheitert. Eine falsche Sicherheitenbewertung suggeriert nämlich auch, die Fehleinschätzung des Geschäftsmodells.
Für einen erfolgreichen Firmenkredit ist daher die korrekte Bewertung von enormer Bedeutung.
Patronatserklärung und Immobilie sind doch Sicherheit genug
Genau diese Aussage haben wir von einem Beraterkollegen gehört, der eine Zweitmeinung von uns hören wollte.
Im vorliegenden Fall ist das Unternehmen eine Tochtergesellschaft eines asiatischen Konzerns / Großunternehmens. Die deutsche Tochtergesellschaft steht nicht so prima dar und hat keine Chance auf eine Finanzierung, ohne entsprechende Sicherheiten. Eine Kapitaldienstfähigkeit ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht gegeben.
Der Ansatz des Kollegen war die erstrangige Grundschuld eines Objekts, sowie die Patronatserklärung der Muttergesellschaft im Ausland. Da Objekt soll nach aktuellem Wertgutachten zu nahezu 100% beliehen werden, jedoch gab es eine Änderung im Bebauungsplan, was eine Wertsteigerung laut Aussage des Beraters eine Wertsteigerung von ca. 50% ausmachen wird. Folglich ist der Beleihungswert lediglich bei knapp 67%. Die Patronatserklärung läuft über die gesamte Summe.
Wir haben den Fall völlig anders bewertet, denn es sind aus unserer Sicht zwei Dinge falsch bewertet worden und somit auch der Grund für das bisherige Scheitern bei der Unternehmensfinanzierung.
Bewertung der Gewerbeimmobilie
Die Gewerbeimmobilie ist in eine Spezialimmobilie und somit grundsätzlich mit Abschlägen zu betrachten. 20% Minimum und in diesem Fall sogar als Spezialimmobilie mit 40-50%. Ebenso müssen die Herstellungskosten eingeplant werden, die man benötigt, um das Objekt in einem vermarktungsfähigen Zustand zu bekommen. Anschließend sind die Vermarktungschancen zu beurteilen und je größer das Objekt bzw. spezieller, desto geringer der mögliche Käuferkreis.
Die Immobilie hat nach unserer Ansicht folglich nicht die notwendige Sicherheit, um eine Finanzierung in der gewünschten Höhe zu realisieren.
Patronatserklärung
Für den Kollegen war diese Aussage nachvollziehbar und er brachte direkt die Patronatserklärung als Einwand bzw. Lösung.
Eine Patronatserklärung von einer ausländischen Gesellschaft ist aber kein so großartige Sicherheit, wie man es sich häufig vorstellt.
Das OLG Brandenburg hat in seinem Urteil vom 25.11.2020 (Az. 7 U 147/19) einen solchen Fall geurteilt. In dem Urteil geht es primär um die Zuständigkeit des Gerichts, jedoch sind auch andere Dinge in diesem Zusammenhang zu erwähnen.
Kurz gefasst ergeben sich aus dem Urteil bzw. aus der allgemeinen Rechtsprechung folgende Rückschlüsse:
- Gerichtsstand bei Unstimmigkeiten zu der Patronatserklärung ist grundsätzlich der Standort des Patrons dar. In unserem Fall das asiatische Land. Es kann ein anderer Gerichtsstand vereinbart werden, jedoch bietet diese weitere Diskussionsgrundlage. Eine andere Möglichkeit wäre die Vereinbarung eines Schiedsgerichts.
- Eine Patronatserklärung ist jederzeit kündbar, was zwar nicht vollständig entlastet, jedoch die Verpflichtung deutlich reduziert.
- Der Patron wird zudem eine Begrenzung einbauen und dann stellt sich im Falle einer Insolvenz die Frage, wer bekommt was.
- In Staaten wie USA, China und anderen Jurisdiktionen sind staatliche Urteile nur schwer zu bekommen und durchsetzbar, so dass hier sowieso zu einer Schiedsklausel gegriffen werden muss
Wenn man sich die obige Sachlage anschaut, dann ist auch diese Patronatserklärung (auch wenn es eine harte Erklärung ist) keine Traumsicherheit für die finanzierende Bank. Im Gegenteil die Bank weiß ganz genau, dass es im worst case Bereich ein langer Rechtstreit mit ungewissem Ausgang wird.
Stellt man sich nun vor, dass ein solcher Deal durch eine lokale Sparkasse oder Volksbank abgewickelt werden soll, dann muss man sich über den Ausgang der Kreditentscheidung keine Gedanken machen.
Das Bankensystem in DE sieht zudem kein „Sicherheit gegen Geld“ vor, sondern basiert immer auf eine glaubhaft gemachte Kapitaldienstfähigkeit in der Zukunft. An diesem Punkt wird es im worst case die nächste juristische Auseinandersetzung geben. Die Bank wird vermutlich in die Haftung genommen, da man die Prüfung der Kapitaldienstfähigkeit nicht ausreichend abgeschlossen hat.
Wozu haben wir geraten?
Der „einfache“ Fall des Kollegen hat sich als komplexer Fall herausgestellt und wird in der Form nicht zu realisieren sein. Unsere Empfehlung ist in diesem Fall eine komplett neue Finanzierungsstruktur.
- Sicherheiten korrekt bewerten
- Patronatserklärung als keine Sicherheit ansehen, sondern lediglich als „Zusatz“; Alternativ eine Bankgarantie
- Es sollten nur Banken angesprochen werden, die auch tatsächlich regelmäßig mit Auslandsgarantien zu tun haben.
- Ausgliederung von Geschäftsbereichen prüfen und damit ggf. finanzieren
- Bürgschaftsbank für das entsprechende Sicherheitendelta einbinden; Alternativ Mezzaninekapital
- Kapitaldienstfähigkeit für die Zukunft nachweisen und auf eine schlüssige Argumentationskette setzen – dieser Punkt ist der Wichtigste!
Der vorliegende Fall beinhaltet auch Probleme, die bei einer Unternehmensfinanzierung mit ausschließlich deutschen Akteuren auftreten können. Es verdeutlicht auch, dass eine Vermittlung / Makeln von gewerblichen Finanzierungen nicht möglich ist. Es Bedarf eine ordentliche Finanzierungsstruktur inkl. Finanzplanung und Argumentationskette, die man individuell auf verschiedene Banken erstellen muss.
Die HEMMELMANN CONSULTING tauscht sich gerne und regelmäßig mit Kollegen aus. Wir schätzen den Dialog, denn mit jedem Fachgespräch und die Erörterung von konkreten Fällen erweitern wir unsere Expertise. Nur wer viele Konstellationen und Probleme kennt, kann sich Gedanken über Lösungen machen.
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