Fluch oder Segen für die Startup Szene | Unternehmensfinanzierung
Wer kennt sie nicht, die Sendung “Die Höhle der Löwen” von Vox? Mit knapp 2 Millionen Zuschauern kann man dieses Format als ein erfolgreiches Format im deutschen Fernsehen werten.
Worum geht es in der Sendung?
Junge Gründer und Startups können ihr Geschäftsmodell möglichen Investoren präsentieren. In der aktuellen Staffel sitzen u.a. Carsten Maschmeyer , Ralf Dümmel, Nico Rosberg, Dagmar Wöhrl, Nils Glagau, Judith Williams und Georg Kofler.
In einem ca. 2-4 minütigen Pitch versuchen die Startups das Interesse der Investoren zu gewinnen und ein Angebot zu erhalten. Die Investoren stellen nach dem Pitch noch einige Fragen, testen und geben direkt ein Feedback.
Es gibt Startups die gehen mit einem “Deal” aus der Sendung, andere scheitern kläglich und für manche Unternehmen ist es eine tolle Werbung.
Welche Wirkung hat die Sendung auf die Startup Szene?
Aus unserer täglichen Praxis hören wir immer wieder von positiven Dingen. Startups, die im Bereich der Kapitalsuche sind, berufen sich nicht selten auf irgendwelche Deals aus der Sendung.
Genau in diesem Punkt liegt das Problem, denn eine Vielzahl an Gründern / Startups meint, dass die Deals innerhalb dieser paar Minuten realisiert werden. Nur wenige berücksichtigen, dass es im Nachgang noch eine “Due Dilligence” gibt und die Zusage vor der Kamera teilweise revidiert werden muss. Verträge mit den Startups und den Investoren kommen nicht immer zustande.
In der Startup Szene verfestigt sich jedoch verstärkt der Eindruck, dass es sich bei dieser Form der Kapitalbeschaffung um ein Leichtes geht. Lediglich die Investorenszene in Deutschland sei noch nicht so weit, so eine weitverbreitete Meinung.
Die Realität ist jedoch anders, denn auch Investoren prüfen und das sehr genau. In der Regel sind diese sogar deutlich besser darin, als eine Bank. Der Weg zum Venture Capital ist demnach deutlich schwieriger und auch zeitintensiver. Gründe, warum viele Startups keine Investoren gewinnen können, liegen in der Regel in dem Startup selbst. Eine fehlende Selbstreflektion, sowie das Fehlen von Grundkenntnissen in dem Bereich der Unternehmensfinanzierung sorgen für Ablehnung und teilweise für Frust.
Deutschland ist nicht Startup freundlich
einer der häufigsten Aussagen nach dem Scheitern
Vereinfacht ausgedrückt hat das Startup seine Idee / Geschäftsmodell einem Investor vorzustellen. Insbesondere im Bereich der Startups suchen Investoren keine Anlageobjekte mit Zinsen, sondern skalierbare Geschäftsmodelle. Das Scheitern von Startups gehört bei den Investoren auch dazu, daher sind die gewinnbringenden Startups dazu “verpflichtet”, die Verluste der Gescheiterten aufzufangen. Wer sich dessen bewusst ist, kann auch besser einschätzen, ob Venture Capital überhaupt eine Option für sein Startup ist.
Sollte ein Investor Interesse an einem Startup haben, dann läuft im Hintergrund auch eine Bewertung. Hier wird häufig die VC-Methode angewendet und somit der Wert des Startups ermittelt. Aus diesem Wert leitet der Investor auch seine mögliche Beteiligung ab. Wenn auch in diesem Bereich Einigkeit herrscht, dann beginnt die Due Dilligence.
Bei der Prüfung des Projekts bewerten unterschiedliche Experten das Geschäftsmodell und prüfen auch die Aussagen / Angaben des Startups sowie die Chancen und Risiken. Erst wenn die Due Dilligence mit allen Fragen geklärt ist, kommt es zu einem Deal.
Diese Vorgänge finden auch bei der Sendung “Die Höhle der Löwen” statt, nur die nachträglich gescheiterten Projekte haben nicht immer die mediale Präsenz, wie die Deals. Startups blenden gerne auch diese Tatsache aus.
Nahezu in jeder Sendung gibt es ein Startup, welches keinen Deal erhält, aber mit Hilfe der KfW finanzierbar wäre. Auch die KfW unterstützt junge Unternehmen, wie wir bereits in unserem Blogbeitrag zum ERP StartGeld berichtet haben.
Verzerrt die Sendung die Wahrnehmung der Startups bei der Unternehmensfinanzierung?
Auf der einen Seite verzerrt die Sendung die Wahrnehmung und einige Startups gewinnen den Eindruck, dass Venture Capital leicht zu bekommen sei. Derartiges kann man in diversen Social Media Gruppen sehen, wo Investoren gesucht werden. Aber nicht nur im Bereich der Social Media Gruppen, sondern auch auf Crowdfundingplattformen sieht es nicht besser aus. Warum Crowdfunding nur selten funktioniert, basiert auf denselben Fehlern, wie wir hier schon berichtet haben.
Startup Veranstaltungen bilden leider ebenfalls keine Ausnahme und bestätigen den Eindruck.
ABER die Sendung deswegen als irreführend zu bezeichnen, wäre falsch. Die Sendung löst natürlich Illusionen bei denjenigen aus, die sich schlichtweg mit der Materie Unternehmensfinanzierung nicht beschäftigen.
Sie löst aber auch eine Form des Gründergeistes aus.
Immer mehr Menschen bekommen Lust und Freude am Gründen. Selbst die verängstigten Personen beschäftigen sich zwar nicht mit der Gründung, aber geben den jungen Startups eine Chance. Für etablierte Unternehmen wird es folglich immer interessanter, auch in Startups zu investieren. Nicht umsonst haben Bitburger und Vorwerk ein eigenes Venture Capital Unternehmen.
Fazit
Wir sind der Meinung, dass die Sendung die Startup Szene positiv beeinflusst. Die Startups müssen nun lernen, Dinge kritischer zu hinterfragen und Selbstreflektion zu zulassen. Ebenso gibt es nicht die eine Form der Unternehmensfinanzierung, sondern insbesondere bei der Finanzierung muss man dieses als Prozess betrachten.
Eine Unternehmensfinanzierung ist nicht ein einmaliges Ereignis, wie z.B. die Gewerbeanmeldung, sondern das Unternehmen ist auf Finanzierungsrunden vorzubereiten und dann muss man den Markt selektieren und Chancen ausloten.
Warum soll es ein Investor sein?
Wer diese Frage wie folgt beantwortet, sollte die Suche nach einem Investor einstellen:
- weil ich nicht das komplette Risiko tragen möchte.
- weil Banken mein Geschäftsmodell nicht verstehen
- weil Banken zu lange benötigen
- weil Investoren leichter zu finden sind
- weil ich keinen aufwendigen Businessplan brauche
Diese Tipps bringen Startups einer Unternehmensfinanzierung ein Stück näher
- Betrachten Sie das Vorhaben kritisch und blenden die Risiken nicht aus. Es gibt kein Business ohne Risiko.
- Überlegen Sie gut, welche Unternehmensfinanzierung benötigt wird. Teilweise ist ein öffentliches Förderdarlehen der KfW besser und schneller, als die Suche nach einem Investor.
- Gehen Sie step by step vor und haben Geduld. Viele Startusp wollen sofort im Konzert der Großen mitspielen, haben jedoch keinerlei Erfahrungen. Häufig ist es besser, im ersten step eine kleine Summe zu investieren (z.B. KfW Darlehen, Mikrodarlehen oder sogar Mezzanine Kapital vom Land) und dann die Ergebnisse im Rahmen einer weiteren Finanzierungsrunde als “Beleg” zu nutzen.
- Transparenz ist das Zauberwort und das bekommt man nicht mit einer Präsentation von wenigen Seiten hin. Eine Präsentation weckt das Interesse, mehr jedoch nicht. In der Entscheidungsphase muss das Startup Fakten auf den Tisch legen und diese müssen fundiert und schlüssig sein.
- Jede Absage ist auch eine Chance. Wer eine Absage als Niederlage sieht, sollte mit dem Vorhaben aufhören. Sehr häufig kommt es vor, dass Startups mehrere Absagen erhalten und mit jeder Absage die Unterlagen verbessern und schlussendlich sogar eine erfolgreiche Finanzierungsrunde hinlegen.
Startup Plattformen
Die HEMMELMANN CONSULTING unterstützt Unternehmen, auch Startups, bei der richtigen Unternehmensfinanzierung. Wir beraten nicht nur in Richtung KfW Darlehen, sondern beziehen alle Optionen in unsere Beratung ein. Hierzu gehört auch das Thema Venture Capital. In naher Zukunft werden wir auch eine Investorendatenbank veröffentlichen, die Startups und Unternehmern bei der Unternehmensfinanzierung helfen kann.
Bereits jetzt arbeiten wir an diversen Startup Plattformen, die sich auf spezielle Regionen beziehen. Mit diesen Plattformen sind wir in der Lage, den Startups und Unternehmen konkrete Tipps zu geben. Ab Oktober werden wir mit der Stadt Recklinghausen (www.startup-re.de) beginnen. Es folgen anschließend Städte wie Köln, Dortmund…